Der Fall ,,Yücel“, oder der Umgang der Medien mit Andersdenkenden

Stiftung Medienopfer wird erneut den Deutschen Presserat anrufen!

Der eigentliche Skandal ist, dass es keinen gab. Zwei Wochen ist es nun schon her, dass sich Deniz Yücel in seiner Kolumne „Besser“ unter der Überschrift „Der Ausländerbeauftragte“ auf taz.de nicht nur erneut über körperliche Gebrechen seiner Mitmenschen lustig machen durfte, sondern diesem einen auch mehr oder weniger unverhohlen wünschte, dass ihn ein Schlaganfall für immer zum Schweigen bringen sollte. Yücel schreibt in seiner Kolumne, dass man Thilo S. (Thilo Sarrazin) auch dann eine „lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur nennen darf, wenn man weiß, dass dieser infolge eines Schlaganfalls verunstaltet wurde“ und dass man ihm „nur wünschen kann, der nächste Schlaganfall möge sein Werk gründlicher verrichten.“ Nun ist es in der deutschen Medienlandschaft bekanntlich ein weit verbreiteter Glaube, dass Satire alles darf. Satire sieht jedoch erstens anders aus und sie darf zweitens zweifelsohne nicht alles. Unzulänglichkeiten der eigenen Recherche korrigierte Yücel wenig später mit einer nachgelagerten „Korrektur“, in welcher er einräumte, dass Herr Sarrazin nicht infolge eines Schlaganfalls eine halbseitige Gesichtslähmung erlitten hat, sondern infolge einer Operation, bei der ihm ein Tumor entfernt wurde. Nachdem zumindest in diversen Internetforen die verbalen Entgleisungen diskutiert wurden, fügte Herr Yücel nunmehr zudem eine „Klarstellung“ an. Es solle – so Yücel verwundert – Leser gegeben haben, die diese Darstellung doch tatsächlich dahingehend aufgefasst haben, dass Herr Yücel dem Herrn Sarrazin den Tod oder eine schlimme Krankheit gewünscht hätte oder er sich über körperliche Leiden des Herrn Sarrazin lustig gemacht habe. Das Gegenteil sei jedoch der Fall gewesen. Er würde jedem ein möglichst langes Leben frei von Krankheiten wünschen. Die Kolumne wird jedoch nach wie vor unverändert in ihrem Wortlaut veröffentlicht.

Die Klarstellung des Herrn Yücel, einschließlich der veröffentlichten Entschuldigung bleibt damit ein Lippenbekenntnis. Der unvoreingenommene Leser erkennt nach wie vor die Diffamierung eines behinderten Menschen, dem man unmissverständlich wünscht, dass der nächste Schlaganfall noch schlimmere Folgen haben soll, als der erste. Die Stiftung Medienopfer hält diese Veröffentlichung in dieser Form für unzulässig. Dies betrifft bereits die Diffamierung des Herrn Sarrazin als „lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur“. Herr Yücel greift insofern eine kontrovers geführte Diskussion auf, die durch die entsprechende Veröffentlichung der Frau Mely Kiyak vor Monaten ins Rollen kam. Auch hier hatte die Stiftung Medienopfer reagiert, wie viele weitere Institutionen und Leser und auch der Deutsche Presserat wurde eingeschaltet. Daraufhin wurden entsprechende Äußerungen entfernt und nicht weiter veröffentlicht. Es ist schon erschreckend, wenn körperliche Leiden genutzt werden, um einen Menschen zu diffamieren. Auch durch die Bezeichnung als „Karikatur eines Menschen“ wird dem Betroffenen die Menschenwürde als solches abgesprochen. Dies ist, nicht nur in unserer Rechtsordnung, nicht hinnehmbar. Der Deutsche Presserat sah ebenfalls einen „Verstoß gegen die publizistischen Grundsätze“ und zwar so schwerwiegend, dass er eine Missbilligung gegenüber der Berliner Zeitung aussprach. Sarrazin sei „in seiner Menschenwürde verletzt“ worden (Beschwerdesache Az.: 0303/12/2-BA). Wegen der Entschuldigung Kiyaks und der Beteuerungen des Bedauerns seitens der Autorin und der Redaktion der Berliner Zeitung wurde jedoch keine Rüge ausgesprochen. Warum also greift Herr Yücel diese Beleidigungen erneut auf und betont, in der sicheren Kenntnis der Unzulässigkeit, dass diese Beleidigung erlaubt sei? Derartige Veröffentlichungen stellen einen kalkulierten Rechtsmissbrauch dar. Die Rechte des Betroffenen werden negiert und bewusst verletzt, um eine bessere Quote zu erreichen. Dies hat mit einem journalistischen Anspruch nichts gemein. Der Presserat, der auch in dieser Angelegenheit durch die Stiftung Medienopfer angerufen wurde und seine Stellungnahme abgeben wird, kann und sollte in unserer Medienlandschaft aber nicht das Korrektiv sein, ein Mindestmaß an ethischen Grundsätzen in der Berichterstattung zu sichern.
Das Korrektiv kann man sich als „anständiger“ Mensch nur selbstauferlegen. Und das Korrektiv heißt: Respekt und Würde. Auch gegenüber dem Andersdenkenden. Für Herrn Yücel aber scheinen das Fremdwörter zu sein.
Kalkulierte Rechtsverletzungen sind auch deshalb so häufig anzutreffen, weil die Strafen weit hinter dem wirtschaftlichen Nutzen zurückbleiben. Die Stiftung Medienopfer fordert hier ein Umdenken seitens der Gerichte bei der Bemessung von Schadensersatzforderungen.

Herr Sarrazin wird es verkraften. Er ist als eines der prominentesten Medienopfer der letzten Jahre gewohnt, entsprechende Angriffe zu ertragen und er hat sich mit seinen streitbaren Ansichten auch immer wieder bewusst in die Öffentlichkeit begeben. Aber es geht nicht nur um Sarrazin. Mit seinen Veröffentlichungen hat Sarrazin eine öffentliche Debatte angestoßen, die unabhängig davon, welche Position man in dieser Debatte vertritt, begrüßenswert ist. Hilfreich ist eine solche Debatte aber nur dann, wenn sie öffentlich stattfindet und fair bleibt. Hierbei spielen die Medien die entscheidende Rolle. Sie sind es, die die Meinungsbilder zusammenführen und die Debatte begleiten und moderieren. Und zwar auch die Gegenmeinungen.

Vokabularien im Stürmerstil, Verwünschungen an den politischen Gegner und Andersdenkende, offene Missachtung von Minderheiten, all dies sind dabei aber leider keine Seltenheiten in den offen geführten politischen Auseinandersetzungen. Und das gilt leider eben nicht nur für rechte und linke Unbelehrbare, die sich in den Kommentarspalten von Internetforen austoben. Auch die Onlineredaktionen übernehmen zusehends diesen Umgang mit Andersdenkenden. Dabei ist nichts schlimmer in einer demokratischen Gesellschaft, als dass Kritiker mundtot gemacht werden. Dies jedoch versuchen immer mehr „Journalisten“ von links wie rechts zu erreichen, indem sie jeden, der sich öffentlich mit ungewünschtem Inhalt zu Wort meldet, diffamieren und über ihn hetzen, damit er demnächst seine Meinung nicht mehr äußert.

Sarrazin wird sich weiter zu Wort melden und das ist gut. Viele andere werden es nicht tun. Sie werden schweigen und das Feld denen überlassen, die am lautesten schreien und am schlimmsten hetzen und die am rechten oder linken Rand des Meinungsspektrums ihre extremen Positionen beziehen. Das gilt leider auch für vernünftige Gegenstimmen zu Sarrazins Äußerungen. Und so ist das nächste Opfer der Medien bereits auszumachen. Es ist die Meinungsvielfalt in unserer Gesellschaft und die Chance, durch faire, öffentliche Diskussionen Missstände und Meinungsbilder zu erkennen.

Sascha Giller
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Die Stiftung Medienopfer setzt sich für die Interessen und Rechte von Fernsehzuschauern und Zeitungslesern ein.
Bei rechtlichen Auseinandersetzungen werden spezialisierte Fachanwälte eingeschaltet.

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