Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheidet zum zweiten Mal über den Schutz von LEGO-Bausteinen

Das beliebte Spielzeug – die bekannten LEGO-Bausteine – waren wieder Gegenstand eines Gerichtsverfahrens – im ersten Verfahren ging es um den Schutz des Bausteins als Marke. Dieser wurde verneint. Nun hat der EuGH entschieden, dass der Stein aber zumindest als Geschmacksmuster Schutz genießen kann. Anmerkung von Daniel Sebastian, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der IPPC Law GmbH, Berlin

Viele kennen die bunten Steine noch aus ihrer eigenen Kindheit. Damals gab es LEGO-Bausteine auch nur von dem Hersteller LEGO A/S. Doch in der Zwischenzeit sind nach 20 Jahren die Patente abgelaufen und es gibt günstige Nachbauten aus dem asiatischen Raum. Dagegen versuchte sich Lego zu wehren und versuchte, den Lego-Baustein als dreidimensionale Marke (3 D-Marke) eintragen zu lassen.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat dann aber bereits mit Urteil vom 14.09.2010, C-48/09 P, entschieden, dass dem Lego-Stein kein Markenschutz zukommt.

Lego hatte den Stein zunächst als Patent schützen lassen. Nach Ablauf der 20-jährigen Schutzdauer meldete Lego den Stein als 3D-Marke an.

Diese Marke wurde zwar erst eingetragen, später aber auf Antrag eines Konkurrenten gelöscht. Die Löschung wurde damit begründet, dass die Marke ausschließlich aus der Form der Ware bestehe, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sei. Diese Ansicht vertrat damals auch der Europäische Gerichtshof. In der Urteilsbegründung heißt es wörtlich:

„Besteht nämlich die Form einer Ware nur darin, dass sie die von deren Hersteller entwickelte und auf dessen Antrag patentierte technische Lösung verkörpert, würde ein Schutz dieser Form als Marke nach Ablauf des Patents die Möglichkeit der anderen Unternehmen, diese technische Lösung zu verwenden, auf Dauer erheblich beschränken. Im System der Rechte des geistigen Eigentums, wie es in der Union entwickelt worden ist, sind aber technische Lösungen nur für eine begrenzte Dauer schutzfähig, so dass sie danach von allen Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet werden können.“ EuGH, Urteil vom 14.09.2010, C-48/09 P

Das aktuelle Urteil ist daher eine Überraschung.

Denn nun entschied das Gericht:

„Ausnahmsweise können jedoch die mechanischen Verbindungselemente von Kombinationsteilen ein wichtiges Element der innovativen Merkmale von Kombinationsteilen bilden und einen wesentlichen Faktor für das Marketing darstellen und sollten daher schutzfähig sein.“

„Es ist Sache des Antragstellers des Nichtigkeitsverfahrens, nachzuweisen, und Sache des EUIPO, festzustellen, dass alle Erscheinungsmerkmale des von dem angefochtenen Geschmacksmuster erfassten Erzeugnisses ausschließlich durch die technische Funktion dieses Erzeugnisses bedingt sind.“ – EuGH Urteil in der Rechtssache T-515/19 vom 24. März 2021

Dieser Nachweis sei nicht gelungen, vielmehr sei zumindest eines der Erscheinungsmerkmale des von dem angefochtenen Geschmacksmuster erfassten Erzeugnisses nicht ausschließlich durch die technische Funktion des Erzeugnisses bedingt.

Im Klartext heißt das, dass der Stein nicht nur anhand der reinen Funktion, sondern auch anhand der ästhetischen Wirkung gestaltet worden ist und daher Schutz als eingetragenes Design genießen kann.

Welche Auswirkungen hat das Urteil für den Verbraucher?

Es ist damit zu rechnen, dass Lego nun vermehrt versuchen wird, billige Nachahmer aus dem Markt zu drängen. Allerdings bezieht sich das aktuelle Urteil nur auf einen bestimmten Baustein, nicht auf alle Bausteine. Insbesondere die klassischen, zweireihigen Bausteine sind nicht betroffen.

Es wird für Nachahmer damit schwerer, 1:1 Kopien aktueller Bausätze zu fertigen und legal zu vertreiben.

Wenn es sich nicht um Markenpiraterie handelt, also „echte Fakes“ der Originale, liegt darin auch keine Markenrechtsverletzung. Dies wäre nur dann der Fall, wenn auch das Logo und der Name Lego verwendet würden. Dies könnt auch für den Erwerber problematisch sein, wenn er erkennen konnte, dass es sich um eine Fälschung handelt und er mehrere Produkte auf einmal bestellt hat. Denn dann kann unter Umständen eine Weiterveräußerungsabsicht unterstellt werden.

Der Verkauf von Produktfälschungen kann sogar strafrechtlich relevant sein. Nach §§ 143 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5, 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr.2 MarkenG kann ein Verstoß gegen das Markengesetz mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.

Bei hochpreisigen Artikeln, wie iPhones oder Louis-Vuitton-Taschen, nehmen die meisten Richter ein geschäftliches Interesse schon beim Kauf von zwei bis drei gefälschten Produkten an. Solange die Waren aber für den privaten Gebrauch bestellt werden, machen sich Käufer nicht strafbar.

Bei Lego-Bausätzen müsste die Zahl vermutlich höher liegen, oder es müssten mehrere absolut identische Bausätze bestellt werden. Allerdings kann es passieren, dass Bestellungen aus dem Ausland, z.B. aus China, länger beim Zoll liegen und zudem eine Einfuhrumsatzsteuer verlangt wird.

Was gilt es noch zu beachten?

Insbesondere beim Verkauf von Markenwaren über Online-Shops oder über eBay gibt es zahlreiche Risiken. Die Schwelle gewerblichen Handelns ist hier relativ niedrig, schon der regelmäßige Verkauf von Waren gleicher Art, zum Beispiel von Spielzeug oder Kindersachen, kann dazu führen, dass man von den Gerichten – und von der „Konkurrenz“ – als geschäftlich handelnd eingestuft wird.

Dabei muss man insbesondere darauf achten, dass angebotenen Markenprodukte auch wirklich echt sind. Andernfalls drohen Abmahnungen wegen Markenrechtsverletzungen und im schlimmsten Fall sogar ein Strafverfahren.

Handelt man gewerblich, sind zudem sehr viele weitere Regelungen des Wettbewerbsrechts zu beachte, angefangen bei einfachen Dingen wie der Impressumspflicht und den Hinweisen auf das gesetzliche Widerrufsrecht.

Auch hier drohen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen, wenn man diese Regeln nicht beachtet.

Im Idealfall sollte man sich immer vorher beraten lassen, am besten von einem in diesen Rechtsgebieten erfahrenen Anwalt.

V.i.S.d.P.:

Daniel Sebastian
Rechtsanwalt

Rechtsanwalt Daniel Sebastian, Kurfürstendamm 103, 10711 Berlin bzw. sein Unternehmen IPPC LAW Rechtsanwaltsgesellschaft mbH gehören seit Jahren zu den gefragten Experten rund um den Schutz von Urheberrechten und Markenrechten. Der Tätigkeitsschwerpunkt der Kanzlei liegt im Vertragsrecht, im Urheber- und Medienrecht, im gewerblichen Rechtsschutz (Wettbewerbsrecht) und im Forderungsmanagement. Die Kanzlei IPPC LAW Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vertritt nicht nur in Berlin, sondern bundesweit. Weitere Informationen unter: https://www.ippclaw.com/

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