Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann schon ab erstem Krankheitstag verlangt werden

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Dr. Elke Scheibeler berichtet über aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Vorlage von Arbeitunfähigkeitsbescheinigungen.

Arbeitnehmer müssen meistens erst ab dem dritten Tag der Erkrankung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Sie sind also berechtigt, sich zunächst quasi selbst krank zu schreiben und abzuwarten, ob ihr Zustand sich mit Hausmitteln bessert, bevor sie einen Arzt aufsuchen. So steht es in § 5 Abs. 1 S. 2 des Entgeltfortzahlungsgesetzes und auch in vielen Arbeits- und Tarifverträgen.
§ 5 Abs. 1 S. 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes ordnet aber an, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, auch schon früher eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu verlangen. Gerade bei kleineren Arbeitgebern ist dies empfehlenswert, da diese die Kosten der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall so bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit im Wege des Umlageverfahrens bei der Krankenkasse zurückfordern können. Aber muss der Arbeitgeber überhaupt einen vernünftigen Grund haben, eine Bescheinigung bereits ab dem ersten Tag zu verlangen?
Dies ist nicht erforderlich, wie das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 14.11.2012, 5 AZR 886/11 entschieden und hiermit die überwiegende Auffassung im Schrifttum bestätigt hat. In dem entschiedenen Fall ging es um eine Rundfunkredakteurin, die in fast 30 Jahren Tätigkeit kaum krank war. Sie hatte sich für einen einzigen Tag krank gemeldet, an dem sie eigentlich auf Dienstreise gehen wollte. Der entsprechende Antrag wurde jedoch zweimal von der Arbeitgeberin abschlägig beschieden. Diese forderte die Redakteurin danach auf, fortan ab dem ersten Tag der Erkrankung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen.
Die Redakteurin klagte gegen diese Weisung, da hierfür nach ihrer Ansicht eine sachliche Rechtfertigung erforderlich sei. Dies ist jedoch, wie das Bundesarbeitsgericht entschied, nicht richtig. Es müsse kein begründeter Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit bestehen. Eine tarifliche Regelung stehe einer solchen Weisung auch nur entgegen, wenn sie das Recht des Arbeitgebers aus § 5 Abs. 1 S. 3 EFZG ausdrücklich ausschließe, was ebenso nicht der Fall war.
Auch wenn Arbeitgeber nun berechtigt sind, willkürlich einzelnen Arbeitnehmern eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits am ersten Arbeitstag abzuverlangen, sollten sie hiermit vorsichtig sein. Die langjährig beschäftigte Redakteurin, die jetzt mit dem impliziten Verdacht leben muss, könnte ihrer Tätigkeit in Zukunft weniger motiviert nachgehen und nur noch „Dienst nach Vorschrift“ machen. Ob eine solche unmotivierte Arbeitnehmerin in Zukunft nicht einen größeren finanziellen Schaden anrichtet als durch einen Tag „blau machen“, ist nicht auszuschließen. Noch schlimmer wäre es, wenn sie sich eine neue Anstellung sucht und ihr über lange Jahre erworbenes Fach- und Sachwissen der Konkurrenz zur Verfügung stellt.
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Ich bin Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht und seit 2003 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Nachdem ich einige Jahre als angestellte Anwältin gearbeitet habe, gründete ich 2009 meine eigene Kanzlei. Ich befasse mich mit dem Zivil- und Wirtschaftsrecht insbesondere dem Arbeits-, Miet- und Insolvenzrecht und vertrete hierbei sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen.
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